Was passiert, wenn ein Autor genau das Klischee bedient, das man von ihm erwartet – nur um zu beweisen, wie absurd diese Erwartungen sind? American Fiction ist eine bissige Satire über Identität, Vorurteile und die Frage, wer die Deutungshoheit über Geschichten besitzt. Ein Film, der zum Lachen bringt und gleichzeitig zum Nachdenken anregt.
Der Hochschullehrer und Autor Thelonious „Monk“ Ellison ist zu feingeistig, die Literatur zu schreiben, die das Publikum offenbar von einem afroamerikanischen Autor erwartet. Mehr aus einem zynischen Impuls heraus schreibt er ein Buch, das alle schwarzen Klischees in sich vereint. Ein Buch aus dem Ghetto, in dem er nie gelebt hat. Mehr als Scherz soll sein Agent es, unter dem Pseudonym Stagg R. Leigh an die Verleger verschicken – die es ihm danken, indem sie ihn mit einem hoch dotierten Vorschuss ausstatten. Widerwillig, aber doch aus der Not heraus, eine rund um die Uhr Versorgung für seine Mutter finanzieren zu müssen, akzeptiert er den Deal, für ein Buch, das er selbst verachtet.
Wir beobachten Monk, der aus einer Ärztefamilie kommt, dabei, wie er sein eigenes Klischee des flüchtigen Undercover-Autors spielen muss – nur um dann in alte Gewohnheiten zurückzufallen und Sauvignon Blanc zu bestellen.
Der auf dem Roman Erasure von Percival Everett basierende Film gewann u.a. den Publikumspreis des Toronto International Film Festival 2023, in fünf Kategorien die AAFCA Awards 2024, wurde in fünf Kategorien für die Oscars nominiert und gewann eine davon, die für das beste adaptierte Drehbuch. Zu Recht.
Neben noch naheliegenden, und doch witzig inszenierten Techniken der Überlagerung der Ebenen: Während Monk schreibt, tragen seine fiktionalen Figuren ihren Konflikt im Wohnzimmer aus, stellen aber gleichzeitig seinen Text infrage. Anderes Beispiel, ohne zu viel zu verraten: Ein furioses Ende in mehreren Ausführungen, als Selbstinszenierung bei der Verfilmung Monks von ihm selbst ungeliebten Werkes: Drei Enden, und jedes könnte gelten. American Fiction ist das Regiedebüt von Cord Jefferson, der zuvor vor allem als Autor und Produzent von Serien wie Watchmen und Succession bekannt war. Sein Gespür für satirische Schärfe und gesellschaftliche Themen bringt er hier auf die Leinwand – mit Erfolg.
Noch bis zum 24. Februar kostenlos bei Amazon Prime zu sehen.